Neue Wege!
Poetikvorträge österreichischer Autor/inn/en
Johann Georg Lughofer (Hg.)
mit Fotos von Bernhard Hinz
Erzählen als Elixier des Lebens
Narrative Paradigm
"Der amerikanische Philosoph Walter Fisher hat eine These formuliert, die als narrative paradigm zusammen gefasst werden kann. Das Wesentliche ist dabei, dass der Mensch sich seine Wirklichkeit in Form von Erzählungen selbst verständlich macht und somit im Erzählen sein Selbst-Bild schafft, seine Existenz beweist. In Konsequenz dazu spricht er von einem homo narrans statt von einem homo sapiens. Unterscheidet also das Erzählen den Menschen vom Tier?
Oder ist eben der Mensch das unikate Wesen aufgrund des Erzählens, das erzählende Tier (‘storytelling animal’), wie der Philosoph Alasdair MacIntyre den Menschen nennt. Trotz zivilisatorischer Anstrengung sind wir im Wesentlichen geblieben, was wir einst waren: Tiere jagen, schlafen, haben Sex, spielen herum und kämpfen um eine Alphatier-Position. Tiere sind Architekten (Nestbauer), sie sind Weltreisende (Laichwege von Fischen etc.), sie sind Meteorologen (richten sich nach dem Klima). Insekten leben in hochkomplexen Sozialsystemen (Ameisen).
Der Unterschied zum Menschen: Er erzählt darüber. Die Sprache unterscheidet den Menschen vom Tier. Erst durch die Sprache wurden alle diese Kulturleistungen möglich. Mit steigender Sprachmächtigkeit stieg auch die Innovationskraft."
Auszug aus Alexander Peers Beitrag "Erzählen als Elixier des Lebens"
Dieser Band wurde an der Philosophischen Fakultät der Universität in Ljubljana
zusammengestellt im Rahmen des Forschungsprojekts „Mountaineering Literature: Slovenia
and Beyond“ (J6-1808) und des Forschungsprogramms „Intercultural Literary Studies“ (P6-0265), die von der Slowenischen Forschungsagentur finanziert sind.
© edition art science 09|2019
Erhältlich in der Edition Art Science