profil-Serie von 2008 über Autor*innen Zwischenkriegszeit.
Teil 5: Leo Perutz und sein Wien
(...) Besucht man das Café Central in der Wiener Herrengasse, wird man von einer Pappmaché-Figur begrüßt. Mit melancholisch gesenktem Blick scheint ein erstarrter, mit schütterem Kunsthaar ausgestatteter Peter Altenberg, Schöpfer zahlreicher Prosa-Miniaturen, zurück in die Vergangenheit zu blicken: Es waren die Jahre vor und nach dem Ersten Weltkrieg, die Wiens Weltruf als Hauptstadt der Kaffeehausliteraten festigten. Leo Perutz (1882-1957) wird nicht zum innersten Kreis jener Schriftsteller gezählt. Der einst weit über die Grenzen Wiens bekannte Verfasser zahlreicher Romane hat selten bis nie im Kaffeehaus geschrieben. Was nicht heißen soll, dass er diese nicht frequentierte. Selbst seine Totenruhe wünschte sich Perutz, Meister des phantastischen Realismus, im Kaffeehaus zuzubringen: 1924 bemerkte der Romancier in einem alten Café in Tunis, dass dessen Gründer seit 275 Jahren an jener Stelle begraben liege, an dem der Gastwirt den Großteil seiner Lebenszeit zugebracht hätte. „Und wenn er einst zu mir kommt, der Zerstörer der Freuden, der Vernichter jeglicher Gemeinschaft, so möchte ich wie du begraben sein“, notierte Perutz eine ihm letztlich verweigerte Bitte: „Ein Grab im Kaffeehaus und rings um mich her der Rauch der Zigaretten, Pagat und Solo-Gromoboi, das Klappern der Dominosteine und der Duft des schwarzen Kaffees.“
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